Gymnastizierung
Gymnastizierung
- Warum?
Die Gründe dafür, warum jedes Reitpferd unbedingt gymnastiziert werden muss, sind einfacher anatomischer Art!
Wird der untrainierte Pferderücken durch das Reitergewicht belastet, so sackt die Wirbelsäule unter der Last ein und es bildet sich ein Hohlkreuz. Das kann soweit gehen, dass sich die oberen Dornenfortsätze der Wirbelsäule berühren und aneinander reiben. Die Folgen sind schmerzhafte Entzündungen oder gar das Verwachsen einzelner Wirbelkörper miteinander.
Außerdem kann der Reiter nicht gut arbeiten und sitzen, wenn sein Pferd in den Zustand der Verspannung verfällt. Nur elastische Pferde reagieren fein und aufmerksam auf die Hilfengebung des Reiters. Diese Durchlässigkeit kann aber nicht erzwungen werden! Sie entsteht nur durch ordentliche Gymnastizierung.
- Dehnung und Versammlung
Reiten bedeutet körperliche, wie seelische Entspanntheit, aus der heraus man durch gezieltes Training dynamische Spannungen aufbauen kann. Es ergibt sich ein ständiger Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung.
- Dehnung
Dehnung heißt nichts anderes, als das entspannte Strecken der Rückenmuskulatur. Es zeigt sich durch das Absenken von Kopf und Hals beim vorwärts-abwärts strecken, durch die Verlängerung des Pferderumpfes bei gleichzeitig erhaltenem Schub aus der Hinterhand und dem Öffnen des Winkels zwischen Kopf und Hals.
- Versammlung
Bezeichnet den Vorgang der dynamischen Verkürzung der Muskeln. Es bedeutet, dass sich die Hinterhand des Pferdes herabsenkt, dass die Hinterbeine verstärkt untertreten, verbunden mit einer relativen Aufrichtung von Kopf und Hals. Der Pferderumpf verkürzt sich
Der korrekte Weg, ein Pferd in die Versammlung zu bringen, geht von hinten nach vorne, was vielleicht etwas verwirrend klingt, aber wesentlich sinnvoller ist, als den Pferdekopf herunterzuriegeln und passiv im Sattel zu sitzen. Dies hätte zur Folge, dass das Pferd auf der Vorhand läuft und sich im Rücken verspannt. Besser ist es, indem das Pferd mit aktivem Rücken und vorschwingender Hinterhand von selbst die Anlehnung an die Reiterhand sucht, auch wenn dies unter Umständen länger dauert. So wird das Pferd langsam in die Aufrichtung und an den Zügel geführt.
Die häufigsten Fehler beim Versuch sein Pferd zu versammeln liegen daran, dass der Reiter sein Pferd durch rückeinwirkende oder starre Hand ausbremst, dass die Bewegung und der Schub im Rücken stecken bleiben. Man erkennt, sehr leicht, ob ein Pferd korrekt verammelt läuft, oder nur an den Zügeln herunetrgezerrt wurde! Die wichtigsten Punkte zur eigenen Kontrolle.
Falsch ist:
1. Wenn während die Vorhand mit enormer Aktion strampelt, sich in der Hinterhand viel weniger tut und die Pferde nicht befriedigend untertreten
2. Wenn der höchste Punkt des Pferdes nicht sein Genick ist, sondern ein Punkt dahinter
3. Wenn das Pferd hinter dem Zügel steht und geht
4. Wenn das Pferd Anzeichen von Verspannung zeigt und sich im Rücken fest macht
5. Wenn der Reiter nur durch Muskelkraft auf sein Pferd einwirkt
- Die Ausbildungsskala
Ein Taktklar gehendes Pferd wird in jeder Gangart seine Beine gleichmäßig weit vor setzen und dies in einem gleichförmigen Rhythmus tun. Ist sein Bewegungsapparat entspannt und genügend auf die Arbeit vorbereitet, so hat es den Zustand der Losgelassenheit erreicht, wenn es auch psychisch zufrieden ist. Der von hinten kommende Bewegungsimpuls kann ohne Hindernis nach vorne übertragen werden und veranlasst das Pferd über das Gebiss Kontakt zur Reiterhand aufzunehmen. Diese Anlehnung wird nie von einem Reiter erzwungen!!! Bei der Entwicklung von Schwung lernt das Pferd, vorwärts treibende Reiterhilfen in vermehrten Raumgriff umzusetzen. Unter Geraderichtung versteht man einen Zustand, in dem das Pferd mit den Hinterhufen genau in die Spur der Vorderhufe fußt und damit alle Bewegungsimpulse nach vorne durchlässt. Alle diese Schritte ermöglichen es Reiter und Pferd zur Versammlung zu gelangen.
- Was ist davon für deine Arbeit wichtig?
Nun zunächst einmal beginnt man jede Trainingsstunde mit einer Dehnungsphase. Obwohl sich das Pferd dabei entspannt und locker und gelöst vorwärts schreiten soll, muss die Dehnung aktiv geritten und gefördert werden.
Als erstes nimmt man einen leichten Kontakt zwischen Hand und Pferdemaul auf, welcher bestätig erhalten bleiben soll, aber keineswegs steif und starr sondern flexibel und einfühlsam sein muss. Beim Aufwärmen des Pferdes im Schritt ist es also positiv, wenn das Pferd den Kopf vorwärts abwärts streckt und dabei mit aktiver Hinterhand fleißig unter den Schwerpunkt tritt. Es wölbt den Rücken nach oben und läuft nicht etwa auf der Vorhand. Das passiert nur, wenn der Reiter den Zügelkontakt zu sehr verstärkt oder aufgibt oder ungenügend treibt.
Du sollest dir als erste Ziele stecken, im richtigen Moment den Zügel nachzugeben, um deinem Pferd die Dehnung zu ermöglichen, dein Pferd von hinten nach vorne an die nachgebende hand zu treiben, ohne dass es dabei die Gangart wechselt und zu vermeiden, dass du oder dein Pferd verspannt werdet.
- Gymnastizierung im Gelände?
Es kann sich nur positiv auf das Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiter auswirken, wenn man im Gelände gymnastizierende Übungen durchführt. Wechsel zwischen Dehnung und Versammlung schaden auf gar keinen Fall, man darf nur das Lob danach nicht vergessen. (Gilt auch für die Reitbahn) Folgende Übungen eignen sich für einen Ausritt:
- Das Pferd nach Rechts oder nach Links stellen, auf gerader Strecke
- Schulterherien auf beiden Händen reiten
- Schenkelweichen in beide Richtungen reiten
- Übergänge reiten
- Schlangenlinien auf Breiten Wegen oder um natürliche Hindernisse herum
- Pferd immer wieder in die Dehnung entlassen und auch am langen Zügel traben
- Umgefallene Bäume als Trabstangen benutzen
- Die Zehn Gebote für gymnastiziernedes Reiten (Aus dem Buch: Pferde gymnastzieren - So macht man es richtig von Angelika Schmelzer)
- Arbeiten ohne Zwang, denn unter Druck wird sich dein Pferd nicht entspannen.
- Integriere täglich gymnastische Übungen in euer Trainingsprogramm.
- Arbeite an dir, damit du ebenso dynamisch und elastisch reagierst, wie du es von deinem Pferd erwartest.
- Sei gegenüber jeder Rückmeldung, die dir dein Pferd gibt, aufmerksam.
- Hole dein Pferd dort ab, wo es steht und erwarte nicht, was es noch nicht leisten kann.
- Mache nie die investierte zeit, sondern das erreichte Wohlbefinden zum Maß deiner Arbeit.
- Stelle dich regelmäßig der Beurteilung eines anderen Reiters, der die selben oder doch ähnliche Ziele verfolgt, wie du.
- Siehe auftretende Schwierigkeiten nicht als Problem an, sondern als Aufforderung , deine bisherige Arbeit selbstkritisch zu überdenken.
- Beurteile alle Übungen nach dem potentiellen Nutzen für dich und dein Pferd, nicht nach dem Unterhaltungswert für etwaige Zuschauer.
- Und zuletzt: Denke immer daran – der Fehler sitzt meißt im Sattel!
- Arbeiten ohne Zwang, denn unter Druck wird sich dein Pferd nicht entspannen.